Die Italiener nennen es „la Corona“

Corona ist das lateinische Wort für Krone oder Kranz. Heute steht Corona vor allem für einen neuartigen Virus, der seit Monaten die ganze Welt in Atem hält.

Der Begriff „Corona“ ist aber viel älter. Bereits im Jahr 1732 definierte der Komponist und Musikwissenschaftler Johann Gottfried Walther in seinem „Musikalischen Lexikon“: „Corona, oder Coronata, also wird von den Italiänern dieses Zeichen genennet, welches, wenn es über gewissen Noten in allen Stimmen zugleich vorkommt, ein allgemeines Stillschweigen, oder eine Pausam generalem bedeutet“. Und Leopold Mozart, der Komponist und Vater von Wolfgang Amadeus, schrieb in seiner Violinschule (1756): „(…) es [ist] ein Zeichen des Aushaltens. Ein solches Aushalten wird zwar nach Gutdünken gemacht: doch muß es nicht zu kurz und nicht zu lang, sondern mit guter Beurtheilung geschehen. Die Italiäner nennen dieses Zeichen, la Corona.“ Der Musikbibliothekar Arrey von Dommer fügte sogar seiner Corona-Definition im Jahr 1865 hinzu: „Die Zeitdauer der Unterbrechung ist durch keine feste Regel bestimmt.“

Mit der Corona werden in musikalischen Werken die Stellen markiert, bei denen ein Ruhepunkt erreicht wird oder eine Pause auszuhalten ist. Das Corona-Symbol in den Noten ist eine stilisierte Krone: ein Punkt mit einem Halbbogen darüber. Die Note oder Pause, die unter diesem Halbbogen steht, wird verlängert. Heute nennen wir dieses Zeichen Fermate. Wenn die Fermate, also die Corona, über einer Pause in allen Stimmen gleichzeitig steht, bedeutet das eine Generalpause. Dann heißt es für alle Musiker: innehalten und gleichzeitig Spannung aufrechterhalten, auf dem Sprung sein, Nerven behalten und bloß nicht den nächsten Einsatz verpassen.

Ob in der klassischen Musik oder in der Popmusik – die musikalische Corona erzeugt Spannung. Oft ist sie im Ausdruck wichtiger als die Klänge selbst. Meisterhaft setzen die Komponisten sie als Stilmittel, um der Musik oder dem Text noch mehr Nachdruck zu verleihen. So baute z. B. Ludwig van Beethoven in seiner 9. Sinfonie vor der ersten gesungenen „Freude“ des Solisten durch die Generalpause im ganzen Orchester ein spannungsvolles, erwartungsvolles Knistern auf. Aber auch in der Popmusik wird auf die Wirkung der musikalischen Corona gerne zurückgegriffen. Bewusst wird das u. a. denen, die zu Musik joggen und es immer wieder versuchen müssen, rhythmisch den Schritt zu halten, bis die Musik wieder einsetzt.

Ob musikalisch oder gesellschaftlich: Corona zwingt uns alle zur Untätigkeit, zur Ruhe. Wenn auch nur äußerlich. „Ein Ruhezeichen, dass Innehalten in der Bewegung anzeigt“, so beschreiben moderne Lexika die Fermate. Also halten Sie inne und bleiben Sie gesund!

nach einer Idee von: Isabel Steppeler in:

https://bnn.de/karlsruhe/generalpause-und-seuchen-schutzpatronin-corona-hat-vielsagende-namensvetter